Den Zeitzeugen auf der Spur
Dokumentationsstätte Stalag: Wissenschaftlich fundierte Fakten zur Regionalgeschichte
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die Anerkennung der Arbeit durch die Zuschüsse von Stadt und Kreis geben der Dokumentationsstätte Stalag 326 Auftrieb. "Wir erleben eine positive Grundstimmung", sagen Vorsitzender Oliver Nickel, Werner Busch und Manfred Büngener vom Vorstand der Dokumentationsstätte.
Bereits einige Interessenten haben sich gemeldet, die ehrenamtlich mitarbeiten wollen, Spender und auch Schulen zeigen wieder Interesse an der Erinnerungskultur, bei der es um Informationen und die Aufarbeitung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und hier insbesondere der Rolle des Stammlagers in Stukenbrock-Senne geht. "Wir hoffen, dass wir in dieser Grundstimmung mehr Mitglieder werben können", sagt Manfred Büngener.
Oliver Nickel ist dabei, einen Arbeitskreis zusammenzustellen, der die Ausstellung in der Dokumentationsstätte, die sich im denkmalgeschützten Arrestgebäude auf dem heutigen Gelände der Polizeischule befindet, neu konzipiert. Berücksichtigt werden sollen dann die Schicksale der sowjetischen, aber auch der französischen, serbischen und belgischen Kriegsgefangenen. Auch die Geschichte nach 1945 gehört in das Haus der Dokumentationsstätte – die des Internierungslager Eselheide, des Sozialwerks Stukenbrock und der Landespolizeischule. Zurzeit werde daran gearbeitet, die Arbeit mit der Initiative "Stukenbrock-Senne hat Zukunft" zu vernetzen.
Priorität hat zurzeit, in Zusammenarbeit mit einem ukrainischen Historiker die 58 ehemaligen Kriegsgefangenen aus der Ukraine aufzusuchen, die mit Hilfe des Berliner Vereins Kontakt gefunden worden sind. "Es ist geplant, dass er die Ehemaligen bis zum Sommer mit der Videokamera besucht und sie aus ihrer Zeit im Stalag erzählen lässt", sagt Oliver Nickel. Diese Zeitzeugen-Interviews seien von unschätzbaren Wert. Es sei die letzte Gelegenheit, Berichte von Zeitzeugen zu bekommen. Aufgrund des hohen Alters der Überlebenden werde die Zeit knapp. "Für Besucher und Schüler ist es enorm beeindruckend, ge-schichtliche Begebenheiten aus erster Hand zu sehen und zu hören." Diese Berichte sollen mit Untertiteln in der Dokumentationsstätte gezeigt werden.
In ähnlicher, sehr persönlicher Form müsse auch die Geschichte des Sozialwerks aufgearbeitet werden. Viele der Vertriebenen, die im Sozialwerk eine Heimat gefunden haben, sind in Schloß Holte-Stukenbrock geblieben. Aufwändiger und schwieriger werde es, die Geschichte des Internierungslagers nachzuzeichnen. Bis 1947 waren nach dem Krieg nationalso-zialistische Funktionsträger auf dem Gelände inhaftiert. "Gerade die Vielfalt, die wir auf diesem einen Gelände seit 1941 gehabt ergeben sich Chancen. Alle, die wir gesprochen haben, sehen das ebenso", sagen die Vorstandsmitglieder.
Über die Europäische Union, Bund und Land wollen die Verantwortlichen Fördergelder bekommen, um im Garf-Archiv in Moskau weitere Dokumente zu sichten und zu sichern, die Auskunft über die Gefangenen und ihren Verbleib, auch ihren Tod, geben. "Das muss wissenschaftlich aufgearbeitet werden", sagt Oliver Nickel. Langfristiges Ziel sei, neben den Ehrenamtlichen eine wissenschaftliche Stelle zu etablieren. Nach der überwältigenden Resonanz der öffentlichen, offenen Führung soll sie zwei bis drei Mal dieses Jahr wiederholt werden. 2010 waren mehr als 100 Besucher gekommen, die sich für die Regionalgeschichte interessiert haben.
(von Monika Schönfeld, Westfalenblatt, 17.02.2011)